Unsere Kirche
Zur Architektur der 1973/74 errichteten St.-Johannes-Kirche schreibt der Architekt Martin Neddens folgendes:
"Nach Betreten des Gemeindezentrums erlaubt die Vorhalle einen Blick in das Atrium, zum Verweilen einladend. Zu den Gemeinderäumen führt rechts ein offener Gang. Im Kirchraum soll Meditation möglich sein: Schlichte weiße Wände und Decken, der Fußboden in warmem Braun, keine ablenkenden 'lebendigen' Baustoffe, kein grelles Licht. Der Raum ist stark auf den Altarbezirk gerichtet. Der Altar steht symbolisch als Grenzstein der sichbaren Welt, darum schwer und unverrückbar als Mauerwerksblock, mit weißen Keramikplatten belegt. Unmittelbar neben und über dem Altar steht das Turmkreuz, optisch losgelöst von den übrigen Raumbegrenzungen und doch die gesamte Konstruktion tragend, weist es über den irdischen Raum hinaus in die Transzendenz. Am Altar haben wir die intensive Gemeinschaft mit Christus. Er ist unmittelbar zugänglich, nicht durch Stufen oder Barrieren vom Gemeindebezirk getrennt. Beim Sakrament kniet die Gemeinde in geschlossenem Kreis um den Altar. Der Pfarrer kann der Gemeinde zugewandt konsekrieren. Die Wände des gesamten Kirchenraumes erhalten eine wesentliche Vervollständigung durch ein umlaufendes 1,5-2,0 m hohes Band aus z.T. farbigen Keramikkacheln, nach Entwürfen der Berliner Künstlerin Käthe Taras, die auch den Altarraum ausgestaltet und das Portal entworfen hat.
Die Raumaufteilung des Gebäudekomplexes ergab sich nicht zuletzt auch aus den Erfordernissen eines vielfältigen Gemeindelebens, das Büros und verschiedene andere Räume nötig macht, aber auch aus wirtshaftlichen Gegebbenheiten. So etwa der verhältnismäßig kleine Gottesdienstraum, der dadurch auch bei nomalen Gottesdiensten gefüllt wirken soll, aber für größere Gottesdienste, zumal wegen der Verbindung mit der Theologischen Hochschule, mittels mehrerer Faltwände um den Gemeindesaal von 160 Sitzplätzen auf mehr als das Doppelte erweitert werden kann, für besonders große Gottesdienste durch Einbeziehen des z.T. überdachten Atriums auch auf wesentlich mehr."
Außer der an ein Zelt erinnernden Architektur fallen besonders die Darstellungen am Portal und an den Keramikwänden im Innenraum auf. Sie stammen von der Künstlerin Käthe van Dyck-Taras, Berlin. Zur Gestaltung benutzte sie neben figürlichen Symbolen gezielt auch christliche Farbensymbolik.
Das Kirchenportal veranschaulicht das Thema "Weltgericht", das wir an Kirchen und Kathedralen seit etwa 1100 n.Chr. kennen. Die Reliefplatten aus Aluminim mit eingelegten, sehr farbigen Keramiktafeln wirken auf den vorbeigehenden Passanten wie Signale. Die Reliefplatten kommen, ausgebreiteten Armen gleich, dem Betrachter entgegen. Umwelt soll hier angesprochen werden.
Die Form des Portals ist eine Verschmelzung von vorchristlicher Säulenumrahmung mit horizontalen Kreuzesbalken. Die Säule symbolisierte in antiken Kulturen den Ort der Epiphanie, der Erscheinung Gottes. Darum tragen die oberen Reliefplatten Palmenzweige, hinweisend auf den Einzug Jesu in Jerusalem und auf die ersehnte Ankunft des Messias. Die Tafeln darunter zeigen die richtenden Hände Gottes.
Auf der linken Seite (vom Standpunkt des Betrachters aus) weist die erhobene Hand des Weltenrichters den Menschen den Weg in die Ewigkeit. Vorherrschend sind hier die Farben Blau (die Gottesfarbe, die Wahrheit) und Gelb (die Farbe der Erlösung, des Sieges). Zugeordnet zu den Seligen finden wir Brot und Kelch, das Taubensymbol des Heiligen Geistes und das Christusmonogramm. Alle Menschenfiguren strecken ihre Arme freudig empor.
Auf der rechten Seite weist die Hand Christi urteilend nach unten. Menschenköpfe mit verzweifelt aufgerissenen Mündern sind das Hauptmotiv. Braun und Oliv, die Farben des sündverstrickten Lebens, bis hin zum Schwarz der völligen Negation überwiegen hier. Verschuldung wird deutlich durch Paradiessymbole – Frucht und Schlange – und durch Vernichtungswaffen unserer Zeit. Stürzende Körper weisen auf Zerstörung, Verdammnis und Tod.
Unser Zustand an der offenen Tür zu Gottes Raum: Wir schreien "Kreuzige"! Wir wollen die neue Welt nicht. Aber der Weg – so schreibt H. Hesse, der sehr zu dem so veränderten Bewusstsein unserer Generation seit Mitte der 60er Jahre beigetragen hat – der Weg zu Gott führt über immer tiefere Erkenntnis unseres Menschseins und unserer Schuld. Schuld, die wir annehmen müssen, um teilzuhaben an Christi Erlösung und damit hineinzugelangen in den ewigen Raum Gottes.
Die heilsgeschichtliche Wand
Die rechte Seitenwand stellt den Kreuzweg dar. Grundsätzlich sind Form- und Farbsymbole immer im Zusammenhang zu sehen; alle Farbverläufe sind als absichtliche Gedankenverbindung konzipiert.
Die an den Kachelwänden verwendeten Farben haben folgende Bedeutung:
Die Geschichte Gottes mit den Menschen beginnt rechts oben mit dem Schöpfungsakt Gottes, symbolisiert durch Kosmossymbole in WEISS. Der Sündenfall wird dargestellt u.a. durch den Paradiesbaum in OLIV und Apfel und Schlange in BRAUN. Die Sintflut, angedeutet durch Wasserelemente, Fische und die Arche, tilgt die Sünde nicht aus. Aber Gott, dargestellt durch das Gabelkreuz Y, ein altes Zeichen für die Dreieinigkeit, schließt einen Bund mit den Menschen. Dieser Bund wird von seiten der Menschen immer wieder gebrochen, so dass als einzige Hoffnung Christus bleibt (Christusmonogramm, A und O). Aus dem sich öffnenden Vollkreis der Gottheit wird er als Kind hineingeboren in die Heidenwelt, in die Welt der Mächtigen mit ihren Intrigen, versinnbildlicht durch Krone, Bischofshut, Stahlhelm, Reichsapfel, Zepter und Kriegswaffen. Die Menschen schreien ihr "Kreuzige" heute wie damals in Jerusalem. Die vier Spiegelkacheln machen deutlich: Auch du bist einer von ihnen! Doch Christus hat die Welt durch sein Opferblut erlöst und den Tod überwunden, über der Kanzel symbolisiert durch Kreuz, Ähre und Taube in sieghaften GELB.
Das Fenster in der Taufecke
In seinem Mittelpunkt befindet sich das große "Y" in WEISS, der Farbe des ungebrochenen Lichtes, der Reinheit und Wahrheit Gottes. Daneben stehen die Vollkommenheitssymbole Kreis, Dreieck und Quadrat. Eine Taube als Symbol des Heiligen Geistes schwingt sich von dort hinaus in die Welt. Form- und Farbübergänge deuten den Zusammenhang des Fensters mit der Taufwand an. Die Farbe GRÜN weist auf das Leben hin, erworben durch den Sühnetod Christi, an den die Symbole Brot und Wein erinnern.
Die Taufwand
Auf die Gewissheit der Erlösung, die auf dem Kreuzweg dargestellt wird, antwortet diese Wand mit Freude über die Gotteskindschaft, die durch die Taufe geschenkt wird. Die Taubensymbole, das Chsituskind, der Totenkopf, die Blume und die Kinderfigur in WEISS – alle wollen sagen: Christus hat dem Tode die Macht genommen und ein neues Leben an das Licht gebracht. Zentraler Gegenpol ist hier Adam, der nun als neuer Mensch in der Gewissheit der Vergebung leben kann.
Die blauen Wellenlinien symbolisieren die Taufe als Wasser Gottes, das uns sehend macht. Darauf weisen oben eingeschlossenes und ein offenes Augen hin. Nebem dem Paradiesbaum in BRAUN steht das Kreuz in BLAU. Das bedeutet: Auch wenn der Getaufte immer wieder schuldig wird, Gott hält ihm die Treue.
Auf dem Taufstein ist durch die Vielzahl der Tauben das vielfältige Wirken des Heiligen Geistes angedeutet, der "die Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet und erhält".
Der Altarraum
Taufstein, Kanzel und Altar – ebenfalls aus Keramikkacheln gefertigt – sind Stationen auf dem Weg der glaubenden Gemeinde.
Das Ziel dieses Weges – das himmlische Jerusalem – wird auf den beiden Wänden im Altarraum angedeutet. Dominierend ist dort die Farbe WEISS, die auf die Herrlichkeit Gottes hinweist; daneben finden sich noch die Farben BLAU für Gottes ewige Treue und GELB für die Auferstehung und Ewigkeit.
Das Reich Gottes in Zeit und Ewigkeit beschreibt das die ganze Rückwand beherrschende Zitat aus der Offenbarung St. Johannes: "Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott, mit ihnen, wird ihr Gott sein." (Offb 21,3)
Auf der ganz in WEISS gehaltenen Front des Altars ist eine Brücke angedeutet. Auf ihrer linken Seite weisen Schlange und Apfel auf die Sünde des Menschen hin; auf der rechten Seite kommt die Freude über die im Heiligen Abendmahl unter Brot und Wein empfangene Vergebung zum Ausdruck.
Die Apostelwand
Auf der Wand links vom Eingang sind die Besucher dieser Kirche dargestellt. Die Farben GELB und WEISS deuten an, dass sie hinein-genommen sind in die eine heilige, christliche Kirche, die Gemeinde der Heiligen. Ihnen voran gehen die zwölf Aposten. Zentral herausgehoben ist in GELB und WEISS der Namensgeber der Gemeinde, St. Johannes, mit seinen Symbolen Adler und Kelch. Um ihn herum gruppieren sich in GRAU die anderen Apostel mit ihren Symbolen.
Die Zahl 12 ist nach oben und unten gespiegelt und damit vervielfacht, Ausdruck des Missionswirkens der Gemeinde und des Wachstums der Kirche Jesu Christi.
(nach Martin Neddens und Käthe van Dyck-Taras)